Nichts ist mehr so, wie es war – oder doch?

von Dominik Schmid

Das erste Parkett Anfang Februar letzten Jahres habe ich übertitelt mit «Rück- und Ausblick in schwierigen Zeiten». Eine Einschätzung, die ich heute, ein Jahr später, etwas widerlegen muss.
Ja, und wenn ich nun zurückblicke, bin ich wirklich dankbar, dass wir die damalige schwierige Zeit der Pandemiebewältigung im Alltag etwas beiseiteschieben und zurückkehren konnten in eine gewisse Normalität. Nur habe ich die Weltpolitik in meinem zuversichtlichen Ausblick unterschätzt. Denn nur drei Wochen später, am 24. Februar 2022, wurden wir von einem Krieg in unmittelbarer Nähe zu Europa überrascht. Dieser ist gerade in den letzten Tagen noch einmal intensiviert worden und wird uns wohl noch länger begleiten.
Weiter begleiten werden wir die Ukrainerinnen und Ukrainer, die in ihrer schrecklichen Situation überrascht worden sind und von vielen Ländern vorübergehend und relativ unbürokratisch Hilfe und Unterschlupf erhalten haben. So auch in der Schweiz und damit auch in Kloten. Dieser Krieg testet nicht nur die politische Schweiz in ihrer Neutralität,
sondern auch uns alle, die von steigenden Lebensunterhaltskosten und fehlenden Produkten, insbesondere aus der Landwirtschaft, betroffen worden sind.
Eine neue Erkenntnis der Abhängigkeiten einer Weltwirtschaftspolitik, die vermehrt von Handelsabkommen und ihren globalen Märkten gesteuert ist. Eine Tendenz der letzten Jahre, die sich in Friedenszeiten als Allerheilsmittel bewährt hatte, mit dem Outsourcen von Fertigungen ins Ausland – und in diesen Fällen nach Russland und der Ukraine, führte unvermittelt zu Lieferengpässen. Getreide, Saatgut und Dünger, aber auch wertvolle Bodenschätze und Stahl, welche man nicht unbedingt in diesem Umfang vermutet hätte, werden hauptsächlich aus diesen Ländern importiert.
Scheinbar ist nichts mehr so, wie es war. Sicher, die Zeiten haben sich geändert, das passiert nicht einfach beim Jahreswechsel. Das Leben scheint irgendwie
aus den Fugen geraten zu sein. Seit der Pandemie sind wir in steter Unruhe. Kriege gab es schon immer, aber nicht mehr in unserer direkten Wahrnehmung seit dem 2. Weltkrieg. Und dennoch erleben wir eigentlich eine bessere Zeit. Zumindest dürfen wir das in der Schweiz so erleben. Es mangelt uns an «fast» nichts. Das Leben, die Politik funktioniert, die Einkaufsläden sind offen und bieten fast alles, was wir wollen, an. Das Gesundheitswesen ist personell an seinen Kapazitätsgrenzen angelangt – kein Wunder nach den Pandemiejahren und nun mit grossem Fachkräftemangel und überlasteten Spitälern respektive Notfallstationen. Aber es funktioniert, und das auf allerhöchstem Niveau – gemäss Statistik des Bundes, wie ich letzte Woche an einem Healthcare Day in Bern vernehmen konnte. Wir bezahlen dafür einen relativ hohen Prämienpreis. Die Diskussion darüber läuft auf allen politischen Ebenen ziemlich unkoordiniert und nicht unbedingt zielführend, weil reaktiv und nicht genug zu Ende gedacht.
Einer, der vor 80 Jahren den Krieg nicht überlebt, aber bis zuletzt an eine bessere Welt – und vor allem an Gott – geglaubt hat, ist Dietrich Bonhoeffer. Er hat unter anderem in einer seiner Gefängnisbriefe zitiert: «Dankbarkeit macht das Leben erst reich.» Für mich schon fast unglaublich, solche positiven Gedanken niederzuschreiben im Bewusstsein, dass sein Leben jäh beendet würde. Eine dieser wertvollen Botschaften an uns, die denken, nichts sei mehr so wie früher, als alles besser zu sein schien. Geben wir uns Sorge, jeden Tag aufs Neue, und sind grosszügig denen gegenüber, die es nicht vermögen

Für Auskünfte
Mark Wisskirchen, EVP-Geschäftsführer, Kloten, 044 271 43 02, E-Mail schreiben

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